Wednesday, March 16, 2011


Revue passiert

Ursprünglich waren ja 23 Tage on the road geplant, aber 19 haben auch gereicht.

Die Slowakei ist ja als Reiseland nicht so sexy, weil, naja, da klingt ja Caorle exotischer. Und auch für Journalisten ist dieses Land inexistent. Sollte sich aber ändern wie ich meine, denn, so mein gewonnener Eindruck, das Land hat für Touristen seine Reize, und einige Geschichten auf Lager, die für Österreich und Europa relevant sind. Zudem sind die Slowaken eins der freundlichsten Völkchens ever. Wenn man nicht gerade ein Rom(a) ist, denn dann hat mans schwer.

Spricht man die Slowaken auf die Roma an, gebietet es die Political Correctness den Slowaken (und ja, damit meine ich fast alle) aufgrund der Reaktion in einem ersten Reflex Rassismus zu unterstellen... Nicht nur, weil da ein Volk innerhalb ihrer Grenzen völlig verwahrlost vor sich hin vegetiert (hier wäre der Vorwurf gerechtfertigt) sondern, weil naja... redet mal mit einem Slowaken über die Roma... ein verächtliches Schulterzucken ist das Positivste, was man kriegt. Das ist Übrigen in CEE nirgendwo anders, ihr hättet die Aussagen des rumänischen Uniprofs. für Philospohie hören sollen...

Andererseits, und das hat Karl Markus Gauss in seinem empfehlenswerten Buch "Die Hundeesser von Svinia" auch schön beschrieben: Wir selbst entwickeln schon einen Hass zB. auf den Prolo, der auf der Strasse die Mucke aufdreht und seinen subwoover gehen lässt - von wegen Lebensstil und so. Wenn man sich dann ansieht, wie der "Lebensstil" eines durchschnittlichen Rom aussieht, dann kann man euphemistisch den Rousseauschen Naturzustand herbeizitieren, oder das ganze ungeschreibliches Elend nennen.

Und dann die Trennung: insbesondere in der Ostslowakei ist kein Ort vollständig ohne das Ghetto zum Ortsein- bzw. Ausgang. Roma leben abseits der Gesellschaft - das ist in Österreich zwar nicht anders, in Oberwart zB. aber es sind halt nur wenige, deshalb fällt es nicht auf. Es ist in jedem Fall eine unglaublich komplexe Problematik die sich da in den vergangenen 20 Jahren entwickelt hat. Ich hab mir die facette der Segregation herausgegriffen und den ganzen Bericht inklusive Interview mit Jarmila Vanova, selber Rom und Journalistin für die Roma Press Agency gibt es irgendwo anders vielleicht mal, wenn ihn jemand veröffentlichen will (und bereit ist, dafür zu bezahlen)

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Ansonsten, und das ist ja mein eigentliches Thema, ist in den CEE Ländern die Mittelstandsgesellschaft eingekehrt - man hat nicht das Gefühl (wie in Rumänien oder Bulgarien) dass hier vor 15-20 Jahren eine ursprüngliche Akkumulation im Marxschen Sinn stattgefunen hat (zu erkennen an der Anzahl an Luxukarossen).

Interessant ist in der Slowakei zumindest, wie die dortigen Vorortschaften den österreichischen ähneln, und auch die Symbolik ist die selbe wie im Wirtschaftswunderland Österreich der 60er Jahre - das Billasackerl rockt das Haus, und zwar mannsgroß, der Baumax hält Einkehr. Aber nicht nur die Vorortsarchitektur ist unserer angelehnt: Einkauszentren schießen wie Schwammerl aus dem Boden, das Freizeitverhalten nähert sich dem unseren an etc.etc. - nicht verwunderlich, denn, was der gelernte Österreicher ja nicht weiß, dort gibt es Berge zuhauf.

In Zilina ist nicht zuletzt das dortige Kia Werk für den Aufschwung verantwortlich. Sollte einer meiner Leser einen Ceed fahren: der kommt aus dem Werk in Zilina. Dort war ich, und ich hab versucht, die Bilder aus dem Werk mit jenen aus der Stadt zu integrieren.

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Die Konsumkultur ist da, und mit ihr die Snowboardkid(die)s. Wenngleich hier noch viel vom ursprünglichen "Spirit" zu spüren ist, läuft auch hier die Marketingmaschine auf vollen Touren. Dass die Magic Mushrooms in Jasna auf den Pisten wachsen ist ein Detail am Rande. Dass die Burschen wissen wie man feiert, bei Grillerei und Lagerfeuer im Winter, dass Paul Mädchenschlapfen viel bequemer findet als die für die Burschen, und die Skateszene hierzulande aktiv ist wie bei uns in den 90ern kommt in dieser Geschichte ebenfso vor wie die Slowakische Freerideszene, kommunistische Überbleibsel mit schöner Melodie, Investment in Apres Ski etc...

Einziger Unterschied: hier läuft alles ein wenig dünkelloser ab, und ja es gibt hier Mädels die riden und skaten, und das nicht schlechter als die Burschen. Vom richtigen guten Freeridespot hab ich schon erzählt?

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Und nachdem ich mich dann doch irgendwie nach Ungarn durchschlagen konnten und mich in Nyiregyhaza am Comecon Markt und in der Stadt "warmschießen" durfte, kam ich ein wenig konzeptlos nach Budapest. Ich hatte über die Gentrifizierung des hiesigen 8ten gehört, aber nach einem Tag auf der Strase war ich mir nicht mehr so sicher, ob das wirklich fotografierbar ist. Ist es nämlich nicht, für den österr. Markt, und auch von nicht besonders hoher Relevanz. Ich wollte aber noch eine Portraitserie machen, und naja, Mittelstandsgesellschaft ist mein Thema, und was ist westlicher und mittelständischer als junge Mensche mit Hunden? Das Resultat: 25 Portraits von jungen Menschen mit Hunden in Budapest.

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Natürlich hab ich den ersten Tag nicht ganz untätig verbracht: die besten dreißig street shots gibts dann auch irgendwann mal, und zwar hier.

Ja, und weil ich am Tag der Revolution gegen die Unterdrückung der Habsburgermonarchie 1848 in Budapest war, hab ich die Veranstaltung der Jobbik besucht. Deshalb gibts auch ein paar Bilder von den Nazis und der ungarischen Garde, Faschisten. Für die richtige Story reicht das aber nicht, da gehört mehr dazu.

Das Alles und dann noch einige freie Arbeiten sind nicht schlecht für 19 Tage find ich.

Was sonst?

- Ich hab f 2.8 entdeckt, für street - ich hätte auch 1.4 entdeckt, aber das hab ich nicht (zwischen Glas und Sensor).

- Die Slowakei ist gut, Budapest ist besser (als Wien?)

- Streetphotography is highly addictive - aber halt auch ein wenig banal:

Obwohl die Streetfotografie gerade wiederentdeckt wird, und obwohl sie die eigentliche Stärke des gebannten Moments zum Inhalt halt, und damit tatsächlich die fotografischste aller Disziplinen ist - sie bleibt ziellos, und dadurch irgendwie auch inhaltsleer. Sie kann eine schöne Reflexion über das Medium per se sein, und vielleicht auch über die conditio humana im Kleinen, aber im Endeffekt bleibt sie eine Ansammlung von Perspektiven und Momenten. Spassig ist sie aber ohne Zweifel. Wenn ich wieder mal Urlaub brauch mah ich nen streetphotog tripp.

- 170.000 km hat mein braver schwarzer Yaris jetzt druf; vielleicht gehen sich die 200 noch aus?

- Wenn gar nichts geht kann man immer noch Bier trinken.

Ansonsten:

- Ich bin jetzt offenbar alt genug für französischen House - superpoetisch und intelligent: Nicolas Jaar: Space is only noise (Album)

First things last (die links sind übrigens richtig gut)

THANKS TO:

- PETER AND ADAM!

- PAUL and the crew

- ZUZANA

- JARMILA & KRISTINA

- Song der Reise war ein Oldie: Magnetic Fields: Underwear!




PS: das sind nicht die besten Shots - die heb ich mir auf ;-)


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